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12/19/2021 12:57 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20211219-2395

Anton Bruckners fünfte Sinfonie unter John Storgards im Beethovensaal der Liederhalle Stuttgart

ÜBERWÄLTIGENDER BLÄSERCHORAL

Der finnische Dirigent John Storgards legt bei seiner Interpretation von Anton Bruckners erst 1935 erstmals vollständig aufgeführter fünfter Sinfonie in B-Dur auf akribische Detailarbeit größten Wert. Das Überwältigende und Großartige dieser als "Phantastische" und "Katholische" bezeichneten Sinfonie kommt so in wahrhaft überragender Weise zum Vorschein. Das signalartige Motiv des Kopfsatzes blitzt hervor - und ein gewaltiger Orgelpunkt beherrscht die Energien. Seine elementare Kraft legen hier die Bläser frei - und das SWR Symphonieorchester folgt den Intentionen des Dirigenten sehr konzentriert. Und die Geigen tragend bewegend eine Melodie von verhaltener Leidenschaft vor. Drei Themenkomplexe beherrschen dann die kunstvoll gestaltete Durchführung. Triumphal lässt nach der Reprise die Coda das Hauptthema erstrahlen. All das klingt immer transparent, John Storgards vermeidet als Dirigent glücklicherweise jede Aufdringlichkeit. Wunderbar berührend wird auch das anschließende Adagio gestaltet, bei der die Oboe nach der Pizzicato-Phase ein weltabgewandtes Motiv beschwört. Dynamische Steigerungen werden hier leidenschaftlich ausgekostet.  Im Scherzo wird der Themenkomplex des Adagio nochmals in abgewandelter Weise zitiert. In der Anfangsphrase erkennt man die Begleitfigur. In den Holzbläsern erscheint geheimnisvoll verwandelt die Oboenmelodie. All dies spricht den Zuhörer direkt an. Und das innige Seitenthema kostet John Storgards mit dem SWR Symphonieorchester in berührender Weise aus. Das Finale "Adagio - Allegro moderato" überzeugt bei dieser Wiedergabe mit der grandiosen Zusammenführung von Sonatenform und Fuge am meisten. Hier erreicht das SWR Symphonieorchester eine hervorragende Qualität im Zusammenspiel, viele Motive ergeben dabei ein unglaubliches Mosaik voller Facetten und schillernder Klangfarben. Ein Klarinettenruf erweist sich als Umspielung des Oktavsprungs. Wuchtig baut sich die Fuge auf, deren machtvolle Größe John Storgards betont. Eine schniegsam gestaltete Melodie beherrscht das Fugenzwischenspiel, das wie das Seitenthema einer Sonate wirkt. Der folgende Blechbläserchoral ist der monumentale Baustoff der zweiten Fuge, die zur Doppelfuge wird. John  Storgards arbeitet diese wichtigen Details mit dem SWR Symphonieorchester sehr präzis heraus. Die Holzbläser wiederholen klangschön die Reprise des Hauotthemas des ersten Satzes. Bei der letzten Steigerung übernehmen es die Hörner. Und der majestätische Choral endet in gleißendem Licht. "Bravo"-Rufe im Beethovensaal.

ALEXANDER WALTHER