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07/31/2020 12:29 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20200731-2279

ZIVILKLAGEN STEIGEN UM 24 PROZENT - Landgericht Stuttgart

Die Zivilklagen steigen um 24 Prozent. Umfangreiche Wirtschaftsverfahren prägen den Geschäftseingang. Präsident Dr. Andreas Singer betont, dass man die hohe Qualität durch Personalstärkung und Spezialisierung sichern könne. In 2019 hätten erstinstanzliche Zivilkammern beim Landgericht Stuttgart im Verlgeich zu 2018 rund 24 Prozent mehr Eingänge verzeichnet. Im ersten Halbjahr 2020 wurden mit einem Plus von rund acht Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum noch einmal deutlich mehr Klagen eingereicht. Eine Trendwende zeichne sich ab. Dabei würden vor allem umfangreiche Wirtschaftsverfahren den Geschäftseingang am größten Gericht des Landes beschäftigen. Sämtliche Klagen gegen die heimische Wirtschaft könnten am Landgericht Stuttgart erhoben werden. In Kartell-, Urheber und Markensachen sowie Wirtschaftsstrafverfahren sei das Hauptstadtgebiet sogar für den gesamten württembergischen Landesteil ausschließlich zuständig. Im Herbst 2020 werde zudem ein "Stuttgart Commercial Court" eingerichtet, der die Attraktivität des Landgerichts für große Wirtschaftsstreitigkeiten weiter steigern würde. Präsident Dr. Singer meinte dazu, dass die starke Stellung der Automobilindustrie sich in den anhängigen Verfahren in besonderem Maße abbilden würde. Die zahlreichen Dieselklagen, Kapitalanlegerklagen und Kartellverfahren würden das Landgericht vor große Herausforderungen stellen. Eine starke, unabhänige und effektive Justiz sei ein wesentlicher Standortfaktor einer erfolgreichen Wirtschaftsregion. Ende 2018 seien am Landgericht Stuttgart noch 8.492 erstinstanzliche Zivilverfahren anhängig gewesen. Ende 2019 waren es bereits 9.852 Verfahren. Zum 30.06.2020 seien es jetzt 10.146. Gegen VW seien in zwei Klagewellen seit 2018 rund 3.200 Dieselklagen am Landgericht Stuttgart eingegangen. Daneben seien allein im ersten Halbjahr 2020 rund 1.700 Dieselklagen gegen den Daimler-Konzern erhoben worden. Das seien bereits mehr Klagen als im gesamten Jahr 2019 mit 1.500 Neueingängen gegen den Stuttgarter Autobauer. Die Klagen gegen den  Daimler-Konzern würden seit einem Jahr kontinuierlich zunehmen. Daneben seien am Landgericht Stuttgart rund 250 Anlegerklagen gegen die Porsche Automobil Holding SE (PSE) und die Volkswagen AG sowie rund 95 Verfahren gegen die Daimler AG erhoben worden.  Derzeit nimmt der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Maple Bank die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young GmbH auf Schadenersatz in Höhe von 95 Mio. Euro in Anspruch. Die Haftung der Beklagten werde im Kern darauf gestützt, dass die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Abschlussprüferin die Jahresabschlüsse der Maple Bank pflichtwidrig testiert und in ihrer Eigenschaft als Steuerberaterin die Maple Bank fehlerhaft beraten habe. Bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten wären die Cum/Cum- sowie Cum/Ex-Geschäfte der Maple Bank unterblieben. Die Geschäfte seien hinsichtlich der nun erfolgten Rückforderung von Kapitalertragssteuer verlustreich gewesen und hätten zur Insolvenz der Maple Bank geführt. Präsident Dr. Singer betonte aber auch, dass sich der Rechtsstaat bewährt habe. Auch in schwierigen Zeiten sei auf die Gerichte Verlass. Dank des großartigen Einsatzes der Richterinnen und Richter und des gesamten Unterstützungspersonals habe das Landgericht die schwierige Phase des Lockdowns insgesamt gut bewältigt. Als Beleg verwies Singer unter anderem auf den Prozessauftakt im sogenannten Schwertmörder-Verfahren, der am 17. April 2020 unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen stattfand. Die Corona-Pandemie führe zu neuartigen Zivilverfahren. Inzwischen sieht der Präsident das Landgericht gut aufgestellt. Die Sitzungssäle seien mit Trennscheiben ausgestattet, der laufende Geschäftsbetrieb den Hygieneerfordernissen angepasst. Es gebe infolge der kurzfristigen Terminverlegungen zu Pandemiebeginn aber noch einen erheblichen Verfahrensstau und Verzögerungen. Zusätzliche Sorgen bereiten Singer die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, die das Großstadtgericht am Wirtschaftsstandort Stuttgart besonders nachhaltig treffen könnten.  

A. Walther