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03/08/2020 20:14 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20200308-2226

"Der Spieler" von Dostojewskij im Theater Atelier in Stuttgart

IN SCHULDEN ERTRINKEN

In dieser Geschichte geht es um Liebe, Geld und Macht. Ksenia Lakmut spielt hier ausdrucksvoll in der facettenreichen Regie von Vladislav Grakovskiy (Kostüme und Ausstattung: Lara Kamysina) Paulina, die Stieftochter eines hochverschuldeten russischen Generals. Sie wartet im fiktiven Kurort Roulettenburg auf die Nachricht, dass ihre reiche Verwandte bald stirbt und ihr ein großes Erbe hinterlässt. Der von Adrian Jakob nuancenreich verkörperte Hauslehrer Alexej leidet unter seiner Liebe zur schönen Paulina. Er will ihr aber helfen, aus den Schulden herauszukommen. Sie sagt nur: "Ich brauche um jeden Preis Geld!" Zwischen Licht und Schatten werden hier die Charaktere bald sichtbar. Alexej wagt sich in das Roulettenburger Casino  und ist fest entschlossen, zu gewinnen: "200 Gulden auf das mittlere Dutzend!" Dies gelingt auch zunächst: "Ich habe gewonnen!" Ein neues Leben ist zum Greifen nah. Doch dann wird es schwierig, denn es heißt: "Rien ne va plus". Er verliert ein Vermögen. Doch ein Geldschub könnte auch die Hochzeit zwischen dem General und Mademoiselle Blanche begünstigen, in die der deutlich ältere General hoffnungslos verliebt ist. Die Inszenierung von Vladislav Grakovskiy  konzentriert sich jedoch ganz auf die geradezu suggestiv-manische Beziehung von Paulina und Alexej, der sich immer mehr in seine ausweglose Situation hineinsteigert. Die doppelte Leidenschaft zu einer exzentrischen Frau und zum Glücksspiel wird hier auf eine psychologisch äusserst spannende Spitze getrieben. Das kommt bei der Aufführung in elektrisierender Weise zum Vorschein. Auch die bissige und amüsante Kritik am deutschen Menschen kommt nicht zu kurz. Dabei wird kolportiert, dass die Deutschen eine ehrliche Art hätten, um Geld anzusammeln. Sie würden wie Stiere arbeiten und wie Juden sparen. Paulina herrscht Alexej schließlich an: "Wozu brauchst du schon Geld?" Alexej steigert sich sogar in Mordphantasien hinein: "Ich werde Sie töten! Ihr Herz ist hässlich..." Guido Kunkel fungiert nicht nur als raffinierter Croupier, sondern auch als Großmutter und reiche Erbtante, die beim Roulette schließlich ein großes Vermögen verspielt und verbittert nach Moskau zurückfährt. Diese Szenen besitzen eine große Skurrilität und Situationskomik. Doch Paulina bekennt gegenüber Alexey wiederum ihre Liebe, der jetzt zum Casino läuft, um das Geld für die Schulden bei de Grieux zu beschaffen. Seine Liebe für sie hat sich jedoch in rettungslose Spielsucht verwandelt, was die Inszenierung in drastischer Weise hervorhebt. Paulina flüchtet zuletzt zu dem kühlen Engänder Mr. Astley (virtuos: Guido Kunkel). Sie behandelt Alexej nur noch  wie einen Schoßhund. Alexej ist nun endgültig seiner Spielsucht verfallen. Im Hintergrund ist immer wieder Musik von Sergej Rachmaninow zu hören, die den melancholischen Charakter der Handlung unterstreicht. Es ist eine gelungene Aufführung, die einen Besuch in jedem Fall lohnenswert macht. 

ALEXANDER WALTHER