Top newsWorld

News in: Deutsche SpracheDeutsche Sprache
02/20/2020 15:11 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20200220-2220

"Tod eines Handlungsreisenden" mit dem Euro-Studio Landgraf im Kronenzentrum Bietigheim

ZERSTÖRT DURCH DEN KAPITALISMUS

Das Stück erzählt von den beiden letzten Lebenstagen Willy Lomans, der einst ein erfolgreicher New Yorker Handelsvertrer war. Helmut Zierl stellt hier sehr eindrucksvoll diesen Loman dar, der nicht Schritt halten konnte mit den Veränderungen in seinem Kundenkreis. Und auch in seiner Familie steht alles nicht zum Besten. Sein Haus, seine Möbel und seinen Wagen hat er auf Ratenzahlung erworben. Gerade als er die letzte fällige Summe für sein Haus bezahlt hat, wird er von seiner Firma entlassen. Er ist ein Opfer des amerikanischen Traums geworden. Und er hat sich mit Haus und Hof einem Wirtschaftssystem verschrieben, das ihn plötzlich zum alten Eisen wirft und abgeschrieben hat. Seine beiden Söhne Biff und Happy haben es ebenfalls zu nichts gebracht. Während der antriebslose Happy durch zahlreiche Liebesaffären von sich reden macht, empfindet Biff die Hoffnungen, die sein Vater in ihn setzt, als Belastung. Er möchte sich ihm entziehen, was zu schweren Konflikten führt, die in der Inszenierung drastisch herausgearbeitet werden. Er rennt gegen die Lebenslügen seines Vaters an - und dann ist es bereits zu spät. Loman springt letztendlich in sein Auto und begeht Selbstmord, während man im HIntergrund die verzweifelten Rufe seiner Frau Linda hört. Am Grabe Willy Lomans spricht ihm sein Freund Charley ein ergreifendes Requiem: "Willy war Handlungsreisender. Und für einen Handlungsreisenden hat das Leben keinen festen Boden. Er ist ein Mann, der irgendwie in der Luft schwebt, der mit seinem Lächeln reist und mit seiner Bügelfalte. Und wenn sein Lachen nicht mehr erwidert wird - dann stürzt eine Welt ein..." Helmut Zierl stellt Loman ganz im Sinne Arthur Millers als einen vom Schrecken überwältigten Mann dar, der in die Leere hinein um Hilfe ruft, die niemals kommen wird. Die Begegnung mit seinem Chef Howard Wagner (nuancenreich: Martin Molitor), der ihn schließlich entlässt, gehört zu den Höhepunkten dieser an szenischen  Einfällen reichen Inszenierung von Harald Demmer. Vor allem hinsichtlich der Personenführung lassen sich viele Pluspunkte festellten. Die Auseinandersetzungen eskalieren. Lomans Sohn Biff bezeichnet sich als "Niete", und gesteht, dass er wegen kleineren Diebstählen immer wieder aus seinen Stellungen hinausgeflogen ist. Loman erkennt zum ersten Mal, dass sein Sohn ihn wirklich liebt. Das Bühnenbild von Oliver Kostecka zeigt im Guckkastenformat zuweilen Ausschnitte einer Landschaft, die das Seelenleben des Protagonisten beschreibt. Und die Kostüme von Monika Seidl passen sich gut der Szenerie an. Patricia Schäfer gelingt als Lomans Frau Linda ein packendes Charakterporträt: "Willy Loman hat nie viel Geld verdient, aber er ist ein Mensch. Im März werden es fünddreißig Jahrem dass er für diese Firma arbeitet..." Da er sich als Versager fühlt, glaubt Willy auch, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Das Stück von Arthur Miller hat auch heute nichts von seiner Aktualität  eingebüßt.

ALEXANDER WALTHER