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18/10/2018 07:57 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20181018-1968

Klavierabend Lucas & Arthur Jussen im Kronenzentrum Bietigheim

Mit FEURIGER GLUT

Das holländische Pianistenduo Lucas & Arthur Jussen ist wirklich außergewöhnlich. Die beiden Brüder werden vor allem von Sir Neville Marriner gelobt. Gleich bei den acht Variationen über ein Thema des Grafen von Waldstein C-Dur WoO 67 für Klavier zu vier Händen von Ludwig van Beethoven gingen die beiden Tastenvirtuosen ganz aus sich heraus. Diese kunstvollen Tonschöpfungen nach dem Lied "Ich denke dein" überzeugten auch aufgrund der ausgeprägten rhythmischen Prägnanz. Virtuos und lyrische Passagen wechselten sich facettenreich ab. Und die dynamischen Kontraste bis zum furiosen Presto-Schluss kamen nicht zu kurz. Überzeugend war auch die Interpretation der Fantasie f-Moll für Klavier zu vier Händen D 940 op. 103 von Franz Schubert. Dabei konnte man die Sonatenform deutlich erkennen. Die hartnäckige Wiederholung des Quartensprungs prägte sich tief ein - und die kantablen Passagen wirkten nicht schulmäßig. Wie sphärenhaft stieg aus der Tiefe das geheimnisvolle Gegenthema auf, dessen Zauberkraft nicht nachließ. Die chromatische Rückung von F-Dur nach fis-Moll besaß bestechende Klarheit. Übermächtige Gestalten wurden so bis zur Schlusskadenz mit polyphoner Meisterschaft gestaltet. Sehr vital und lebendig interpretierten Lucas & Arthur Jussen dann die spritzige Sonate für Klavier zu vier Händen FP8 von Francis Poulenc. Vorklassische Formen entwickelten sich so mit verblüffender Kühnheit und einem atemberaubenden akrobatischen Über- und Untergreifen. Das metallisch hämmernde Ostinato wirkte energisch - und der zweite Satz faszinierte mit seiner graziösen Eleganz. Im Finale stachen die in Septimen parallel laufenden Oberstimmen deutlich hervor. Grandios war die Wiedergabe von Maurice Ravels "La Valse. Poeme choreographique" in der Fassung für zwei Klaviere. Das Stück wurde hier bis in die dämonischen Tiefen des Triebes ausgereizt. Die Geburt des Walzers entstand so aus raunendem Nichts - und der wiegend-elektrisierende Rhythmus mit seinen fetzenhaften Melodiewendungen riss die Zuhörer unmittelbar mit. Der Geist von Johann Strauß wurde gespenstisch beschworen, denn die Paare schienen sich im wirbelnden Furioso atemlos zu drehen. Immer höher wogten die Melodien, es kam zum funkelnden Rausch im Dreivierteltakt. Zum Abschluss gestaltete das meisterhaft musizierende Duo "Le Sacre du Printemps" ("Das Frühlingsopfer") in der Fassung für zwei Klaviere von Igor Strawinsky. Die unglaubliche  Elementarkraft dieses Mädchenopfers zeigte sich bereits im ersten Teil "Die Anbetung der Erde" - und der feurig-elektrisierende Zauber steigerte sich noch beim zweiten Teil "Das Opfer". Bi- und Polytonalität rasten zwischen D-Dur und Es-Dur-Akkorden wie von Sinnen hin und her. Auch der schattenhafte Tanz mit der Largo-Introduktion beim Tanz der Mädchen hinterließ einen starken Eindruck. Und das Kopfmotiv des Ritualtanzes sprengte zuletzt fast die gesamte Tastatur. Die Harmonik triumphierte dabei mit ihren schroffen Reibungen. Als Zugabe interpretierten die Pianisten noch eine wunderbar sphärenhafte Bach-Piece.

ALEXANDER WALTHER