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06/11/2018 07:29 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20180611-1916

"Clean City" mit dem Onassis Cultural Centre Athen im Kammertheater Stuttgart beim internationalen Theaterfestival "The Future of Europe"

DAS CREDO DER KLUGEN PUTZFRAU

"Ich dachte immer, Tsipras würde etwas für die Leute tun", klagt eine Putzfrau in diesem durchaus humorvollen Stück von Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris, die auch für die abwechslungsreiche Regie verantwortlich sind. Die wandlungsfähigen Schauspielerinnen Mabel Matchidiso Mosana, Rositsa Pandalieva, Fredalyn Resurreccion, Drita Shehi und Valentina Ursache denken hier intensiv darüber nach, was Athen sauber macht. In Video-Projektionen wird im Hintergrund die Werbebranche mit dem Waschmittel "Tante Olga" aufs Korn genommen, man erfährt im weiträumigen Bühnenbild von Eleni Stroulia, warum die Athener Reinigungskräfte überwiegend Frauen sind. Sauberkeit und Reinheit erhalten dabei eine rassistische Komponente und bergen auch die Gefahr eines latenten Faschismus. Das zeigt sich selbst bei Klängen aus Georges Bizets Oper "Carmen". "Clean City" zeigt die eingewanderten Putzfrauen Athens in all ihren vielschichtigen Facetten: "Mein Vater war traurig, dass ich als Putzfrau arbeitete." Auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise in Griechenland wurden Ausländer, Immigranten und Geflüchtete zur Zielscheibe des Hasses. Die Autoren gehen abseits der rechten Rhetorik ganz bewusst der Frage nach, wer dieses Land wirklich säubert. Dazu gehört auch, dass man sich gar nicht erst beschweren darf, wenn man keine Papiere hat. Diese Geschichte wird von Fremden erzählt, die hier nur schwer heimisch werden. Das kommt in dieser zuweilen recht witzigen Inszenierung gut zum Vorschein. Die Erfahrungen und Lebenswege dieser Frauen werden temporeich auf die Bühne gebracht. Dazu gehören ebenso amüsante Gesangseinlagen, die die Stimmungsatmosphäre plastisch wiedergeben (Musik: Panagiotis Manouilidis). Die Aufmerksamkeit richtet sich so zielgerichtet auf einzelne Menschen, die freiwillig oder aus Not ihr Land verlassen: "Wenn du nicht den Mumm hast, die Familie zu ernähren, kümmere ich mich darum!" Menschen wollen ihren Ort neu erschaffen und nicht zum Opfer der Geschichte werden. "Ich will nicht in Griechenland sterben", lautet die Devise.  

ALEXANDER WALTHER