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05/18/2018 09:01 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20180518-1901

"Junge Klänge: Fremde Federn" in der Schlosskirche bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

REIZVOLLES SPIEL MIT IDENTITÄTEN

Der Oboist Juri Schmahl und der Blockflötist Max Volbers sind die Gewinner des Deutschen Musikwettbewerbs 2017. Gemeinsam mit der versierten Cembalistin Elina Albach begaben sie sich auf eine eindrucksvolle Reise in die musikgeschichtliche Vergangenheit. Die Sinfonia undecima "in eco" aus der Sinfonie et gagliarde, Libro 1 von Salamone Rossi besaß zahlreiche kontrapunktische Finessen, die Max Volbers exzellent herausarbeitete. Max Volbers präsentierte dann auch seine eigene Bearbeitung von Diminution über "Vestiva i colli" (Madrigal von Giovanni Perluigi da Palestrina) und Sonata sopra "Hor che'l ciel e la terra" (Madrigal von Claudio Monteverdi). Dabei stachen insbesondere die thematischen Verbindunglinien in reizvoller Weise hervor. Kontrastwirkungen und melodische Komplexe wurden plastisch betont. Die ausdrucksvolle Deklamation der Instrumentalstimmen erinnerten auch dezent an Monteverdis Opern mit ihrer ausdrucksvollen Deklamation. Von Nicolas Chedeville erklang dann die Sonata VI g-Moll aus "Il pastor fido" ("Der gute Hirte"), wo die dynamischen Feinheiten eindringlich betont wurden. Seine Sonaten wurden allerdings dem beliebten Antonio Vivaldi zugeschrieben. Der Schwindel flog erst 1990 auf, da Chedeville geschickt Originalwerke Vivaldis in seine Kompositionen einfließen ließ. Die Sonata flauto solo d-Moll aus "Manuskript Mus. Saec. XVII.-51." eines Anonymus ist wahrscheinlich seit 200 Jahren nicht mehr erklungen. Max Volbers gelang es auch hier vortrefflich, die Arabesken, Kaskaden und differenzierten Girlanden seiner Partie sensibel und höchst virtuos zu betonen. Ein weiteres Schmuckstück war die Sonade "L'Espagnole" aus "Les nations" von Francois Couperin, wo sich die einzelnen Motive aufgrund der detaillierten Darbietung wie ein Mosaik zusammenfügten. Gerade der Charakter der französischen Tänze gewann so geradezu elektrisierendes Feuer. Tiefe musikalische Empfindung wechselte sich dabei mit äusserem Glanz ab. Die Passacaglia mit ihren Ostinato-Rhythmen besaß schwungvolle Emphase. Betont atonale Gefilde mit einem fast schon seriellen Überbau betrat Juri Schmahl (Oboe) bei "Doduk I-b" für Oboe solo von Gabriel Erkoreka. Die aufgelockerten Strukturen dieser harmonisch vielschichtigen Komposition traten grell hervor. Der Titel bezieht sich auf das armenische Nationalinstrument. Eine ausgezeichnete Überraschung bot Max Volbers mit seiner gelungenen Eigenkomposition "Variations on a ground by Frank Zappa" für Blockflöte und Tape, wo sich die Elemente der Rock- und Pop-Musik mit klassischen Strukturen und chromatischen Spitzfindigkeiten kreuzten. Die verwendete Basslinie im 11/8-Takt ist der Rockoper "Joe's Garage" aus dem Jahr 1979 entnommen. Ein aufregendes Hörerlebnis der Sonderklasse. Von Johann Christoph Pez erklang die wenig bekannte Symphonia in g-Moll, wo wiederum die stilvolle Passacaglia besonders positiv auffiel. Der Charakter der altitalienischen Variationsform besaß brillantes spieltechnisches Feuer, dessen Intensität ständig zunahm. Diese Komposition stammt aus der Sammlung des württembergischen Herzogs Friedrich Ludwig, der noch vor seinem Vater Eberhard Ludwig starb und eine umfangreiche Notensammlung hinterließ. Pez war übrigens von 1706 bis 1716 Kapellmeister am Württembergischen Hof. Diese Sonate besticht mit ungewöhnlich hohen Tönen, was Juri Schmahl hervorragend unterstrich. Sie gilt als älteste Sonate für die moderne Oboe. Juri Schmahl, Max Volbers und Elina Albach interpretierten zuletzt "La Follia" als effektvolles Pasticcio aus Follia-Variationen von Antonio Vivaldi, Marin Marais, Paolo Benedetto Bellinzani, Carl Philipp Emanuel Bach, Arcangelo Corelli und anderen. Das sich ständig wiederholende Bassmotiv war hier deutlich und eindrucksvoll herauszuhören. Die vollendete formale Ausgeglichenheit wirkte bemerkenswert. Festliche Klangpracht und klare Al-fresco-Wirkungen bestachen bei dieser Wiedergabe. Als Zugabe war noch eine einfallsreiche Piece aus Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Die Zauberflöte" zu hören.

ALEXANDER WALTHER