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10/12/2017 07:32 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20171012-1784

1. Kammerkonzert des Staatsorchesters Stuttgart im Mozartsaal der Liederhalle

AUFWÜHLEND UND PRÄZIS ZUGLEICH

"Meine Originalität kommt daher, dass ich alles gute, das ich gesehen, sofort nachgeahmt habe", sagte Arnold Schönberg. Dies merkt man wohl auch seiner Kammersymphonie Nr. 1 in E-Dur op. 9 aus dem Jahre 1906 an, von der die Zuhörer sagten, dass sie wie Mozart klinge. Entsprechend leicht und geradezu sphärenhaft interpretierten Nathanael Carre (Flöte), Michael Rathgeber (Klarinette), Kathrin Scheytt (Violine), Zoltan Paulich (Violoncello) und Petra Menzel (Klavier) dieses Meisterwerk. Schönberg hatte hier das große Orchester eines Bruckner oder Mahler verlassen und konzentrierte sich subtil auf knappe Formen und motivische Verkleinerung, was die Musiker des Staatsorchesters Stuttgart facettenreich zu Gehör brachten. Vor allem die klar umrissene Thematik kam so ausgezeichnet zum Vorschein. Die harmonischen Bindungen besaßen großes Spannungspotenzial. Zwischen Exposition und Durchführung sowie Reprise machte sich ein rasanter melodischer Fluss bemerkbar. Das in Quartsprüngen sich aufrichtende Hornthema führte zu einer kraftvollen Entwicklung. Von der Geige wurde gesangliche Thema ausdrucksvoll vorgetragen. Auch im Scherzo dominierte ein Gesangsthema mit Wiederkehr des Quartenthemas. Groteske Bläserfiguren umspielten das Pianissimo in der ersten Geige und der übrigen Streicher mit den col-legno-Quartenakkorden. Stürmische Ausbrüche und dichtes Stimmengewebe hielten sich die Waage. Von Ludwig van Beethoven erklang dann das Streichquartett in f-Moll op. 95 aus dem Jahre 1810. Elena Graf, Thomas  Bilowitzki (Violine), Madeleine Przbyl (Viola) und Zoltan Paulich (Violoncello) gestalteten das Werk mit feinen dynamischen Kontrasten. Tiefsinn und Melancholie kamen hier plastisch zum Vorschein. Aphoristische Knappheit und satztechnische Raffinesse arbeiteten die Musiker hervorragend heraus. Das wilde Kopfmotiv prägte sich tief ein, Oktavsprünge und ausdrucksstarke Seitenthemen öffneten neue akustische Pforten. Und die Bratsche stimmte ein dichtes Stimmengeflecht an. Sechzehntel-Gruppe und punktierte Oktave prallten aufeinander. Es kam zu heftigen rhythmischen Höhepunkten. Chromatische Umspielungen stachen in reizvoller Weise im Allegretto hervor, dessen kontrapunktischer Ansatz sich in der Durchführung noch erheblich steigerte. Seufzermotive beherrschten das Finale mit seinen widersprüchlichen Tempobezeichnungen. Vor allem die gespenstische Coda blieb stark im Gedächtnis. Und zum Abschluss begeisterte die feurige Wiedergabe des Trios in a-Moll op. 114 für Klavier, Klarinette und Violoncello aus dem Jahre 1891 von Johannes Brahms. Katrin Randecker (Klavier), Stefanie Faber (Klarinette) und Zoltan Paulich (Violoncello) blieben bei ihrer Wiedergabe im konzertant-schwebenden Gleichgewicht. Insbesondere die aus Terzen entwickelte Melodie des Cellos besaß elektrisierendes Feuer. Sechzehntel-Läufe und Intervalle vereinigten sich hier zum berückenden Klangkosmos, der zu einer mitreissenden Coda führte. Das Adagio und Andantino überraschten mit Cantabile-Akzenten und einem genau strukturierten thematischen Prozess, dessen Konzentration nicht nachließ. Klangsinnliche Formulierungen und diatonische sowie chromatische Bewegungen ließen in ihrer großen Intensität nicht nach. Im Finale triumphierten die beiden thematischen Grundideen vorzüglich. Sie Sextsprünge wirkten hier geradezu euphorisch. Insbesondere die Steigerung der Coda besaß rauschhaften Glanz, Man spürte, dass das Klavierspiel von Katrin Randecker manchmal eine führende Rolle übernahm.

ALEXANDER WALTHER