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09/17/2018 06:50 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20180917-1949

"Nutten, Koks und frische Erdbeeren" mit Mary Roos und Wolfgang Trepper im Theaterhaus Stuttgart

MIT HEINO IN DER GARDEROBE

Natürlich dürfen die Fans die vielen Hits von Mary Roos an diesem Abend genießen, wenngleich der unverwüstliche Wolfgang Trepper den deutschen Schlager immer wieder so genüsslich zerlegt, dass Mary Roos sogar befürchtet, sich bei ihren Kollegen nicht mehr zeigen zu können. Zunächst hört man die Erkennungsmelodie von Dieter Thomas Hecks Hitparade: "Machen Sie Ihr Handy aus, verdammt nochmal!" Dann kommen Politikerstimmen zu Wort - einmal Helmut Schmidt, dann wieder ein schimpfender Helmut Kohl. Trepper bezeichnet Mary Roos tatsächlich als "die Helene Fischer der Bronzezeit" und "alte Schachtel", worauf diese sich selbstverständlich schlagfertig wehrt: "Zu schön, um wahr zu sein!" Man erfährt, dass Heino mit schwarzen Lederklamotten in seiner Garderobe immer wieder "Nutten, Koks und frische Erdbeeren" verlangte  - und wutentbrannt die fehlenden "frischen Erdbeeren" reklamierte. Danach lässt Mary Roos die Hits der 60er-, 70er- und 80er Jahre mit ihrer gewieften Band virtuos Revue passieren. Neben "Einmal um die Welt" überzeugen weitere Erfolgstitel wie "Aufrecht gehn" und "Rücksicht"  ebenso. Mary Roos überrascht bei dieser ungewöhnlichen Show vor allem aufgrund ihrer gesanglichen Vielseitigkeit, was sich bei Nummern wie "Oh, Champs-Elysees" und lateinamerikanischen Songs zeigt. Und "Die Liebe ist ein seltsames Spiel" darf dabei natürlich auch nicht fehlen. "Schuld war nur der Bossa Nova" sowie "Liebeskummer lohnt sich nicht" heizen die Stimmung an diesem explosiven Abend immer weiter an. Schuld daran ist vor allem Wolfgang Trepper, der an den "Schlagersternchen" teilweise kein gutes Haar lässt. Als "pfeifender Pastorensohn aus Nairobi" erscheint dabei beispielsweise Roger Whittaker, und Carmen Nebel wird als "Päpstin der Geschmacklosigkeit" bloßgestellt. Zuletzt muss sich Wolfgang Trepper in gespielter Demut bei all denen entschuldigen, die er "beleidigt" hat. Bata Illic wird wegen seiner Aussprache aufs Korn genommen, dabei darf sein Super-Hit "Ich möcht' der Knopf an deiner Bluse sein" nicht fehlen. Als "Vorzeige-Kiffer aus Herne " erscheint gar Jürgen Marcus - aber Mary Roos kontert Treppers Angriffe geschickt mit "Nur die Liebe lässt uns leben". Da geht es wirklich zu wie bei einem atemlosen Tennisspiel. Aber Wolfgang Trepper kann auch anders - so bricht er beispielsweise eine Lanze für die Homosexuellen und gedenkt Rex Gildo, der gerade daran zerbrochen ist. Helga Feddersen lässt er zwar außen vor, doch über Dieter Hallervorden lästert er wiederum hemmungslos. Dies gilt ebenfalls für Vicky Leandros. Selbst "Heintje" ist für ihn ein "Looser". Und er versteht nicht, warum Mary Roos ausgerechnet mit Dieter Bohlen zusammengearbeitet hat. Trepper regt sich darüber auf, dass Bohlen nicht nur "Modern Talking" verbrochen hat. Gleichzeitig lobt er die Stimme von Volker Lechtenbrink. Über Bernhard Brink lästert Trepper genau so heftig, der hätte sich jeden Tag mit einer neuen "Lebenabschnittsgefährtin" gezeigt. So lassen die beiden an diesem Abend die "Geschichte des deutschen Schlagers" so unterhaltsam wie rasant und überaus kurzweilig Revue passieren. Mary Roos stimmt zuletzt sogar Frank Sinatras Hymne "So war mein Leben" an. Stimmlich kann sie ihr Publikum immer noch fesseln. Menschlich überzeugend ist an diesem Abend vor allem, dass Mary Roos und Wolfgang Trepper um Spenden für Aidskranke bitten.

ALEXANDER WALTHER