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06/01/2017 12:54 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20170601-1735

"Brundibar" von Hans Krasa mit Schülern des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums im Theaterhaus Stuttgart

DAS SPIEL VON FREUNDSCHAFT

Auch in schlimmen Zeiten kann Freundschaft Bestand haben. Dies erzählt jedenfalls die Kinderoper "Brundibar" von Hans Krasa (Musik) und Adolf Hoffmeister (Text), das Schülerinnen und Schüler des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums Stuttgart unter der einfühlsamen Leitung von Gereon Müller und Andrea Amann jetzt als spannendes Musiktheaterprojekt aufführten. Brundibar erzählt die bewegende Geschichte des Geschwisterpaars Pepicek und Aninka, die zunächst an der Härte und Ungerechtigkeit der Erwachsenen-Welt scheitern, sich dann aber mit fabelhaften Tieren gegen die Mächtigen durchsetzen. Die beiden Halbwaisen brauchen Milch als Medizin für ihre kranke Mutter. Der örtliche Polizist erklärt ihnen die Marktwirtschaft - um etwas zu kaufen, brauche man Geld. Beim Leierkastenmann Brundibar entdecken sie dann, dass auch Musik eine Ware ist. Als sie schließlich auch noch verjagt werden, tauchen Spatz, Katze und Hund auf. Sie wollen Brundibar durch einen großen Kinderchor einschüchtern. Die Tiere nehmen die Regie resolut in die Hand. Sie vertreiben Brundibar vom Markt. Dem Milcherwerb scheint nichts im Wege zu stehen, aber der Leierkastenmann stiehlt in einem unbemerkten Moment das Geld. Doch nach einer Verfolgungsjagd nehmen sie es ihm wieder ab und feiern ihren Sieg. Mit Tremolo- und Pizzicato-Passagen erreichten das fulminant musizierende Orchester und der Chor des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums eine große Intensität. Sie bezeichneten die "Musik als Menschenrecht". Zwischen Milch- und Eisgenuss gab es auch Ballett-Einlagen und operettenhafte Rhythmen. Johannes Rempp als Pepicek und Nora Liebhäuser als dessen Schwester Aninka überzeugten aufgrund ihrer intensiven Darstellungskunst, die die Figuren rasch lebendig werden ließ. Aber auch Anne-Sophie Jacob und Caroline Löser als Spatz, Filina Doll und Ayaka Yoshihara als Katze, Felicia Karl und Xenia Leonhard als Hund sowie Liat Morein als brillanter Leierkastenmann Brundibar begeisterten das Publikum. In weiteren Rollen gefielen Marie-Fleur Bayhurst als Milchmann, Mirella Rederer als Bäcker sowie Benjamin Bold, Elisabeth Feist, Paula Fröhlich, Caspar Sadar Khan und Arthur von Alberti als Eisverkäufer. Beatrice Bold und Lili Minkov faszinierten mit intensiven Tanzeinlagen. Annika Eisentraut überzeugte als raffinierte Stepptänzerin. Der Nachwuchschor des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums verblüffte mit erstaunlicher Intonationsreinheit. Mehr als 50-mal führten internierte Kinder im Ghetto Theresienstadt Hans Krasas Oper "Brundibar" auf. Denn inmitten des Lagerelends gab ihnen diese bewegende Geschichte von Freundschaft und Solidarität Halt. Etwas von diesem geheimnisvollen Zauber war auch im Theaterhaus spürbar. Die Oper wurde bereits 1938 für einen Wettbewerb des Schulministeriums komponiert und hat in ihrer Grundstruktur zunächst einmal nichts mit Theresienstadt zu tun. Hitler soll mit dem "Brundibar" sicherlich nicht rehabilitiert werden. Aber der historische Rahmen gerät dadurch nicht in Vergessenheit. Es ist eine hervorragende Schulaufführung.  

ALEXANDER WALTHER