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05/15/2017 12:05 published by Alexander (unknown) in Aachen / Aachen / Germany - #2.1.16.10.1.1.-20170515-1722

Jüdisches Kammerorchester Nigun im Mozartsaal der Liederhalle Stuttgart

MIT ZÜNDENDER KRAFT

Ein Konzert mit Preisträgern des Internationalen Karl-Adler-Musikwettbewerbs präsentierte die Internationale Musikakademie Nigun im Mozartsaal. Unter der einfühlsamen Leitung von Dimitri Rudiakov spielte das Kammerorchester zunächst die Sinfonie Nr. 101 in D-Dur mit dem Beinamen "Die Uhr" von Joseph Haydn. Ein ausdrucksvoll musiziertes Moll-Adagio leitete den ersten Presto-Satz ein. Tänzerisch pendelte das Hauptthema dann dahin, wobei die Seitengedanken nur kurz zur Geltung kamen. Sprühende harmonische Überraschungen ließen nicht lange auf sich warten. Das Tick-Tack der Uhr meldete sich erfrischend im zweiten Andante-Satz, da besaß Rudiakov als Dirigent sehr viel Sinn für Humor und Ironie, wobei ihm die Musiker bereitwillig folgten. Nach den Variationen setzte munter das Menuett ein, wobei Assoziationen zu Beethoven hier nicht zu überhören waren. Im Vivace-Finale triumphierte ein bezauberndes Spiel mit vielen Klein-Motiven. Der Rondo-Geist beschwor auch einen erfindungsreichen Spaß mit seinem schelmischen Hauptthema. Und das bekannte Schmerzsysmbol des chromatischen Quartfalls ließ nicht lange auf sich warten. Alexander Promyslov (Klavier) präsentierte als Preisträger das bombastische Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 in Es-Dur von Franz Liszt mit spieltechnischer Leichtigkeit. Fantasie und Sonate stehen bei dieser Komposition dicht beieinander, was Promyslov mit dem Jüdischen Kammerorchester unter Rudiakovs Deutung überzeugend betonte. Das Kopfthema mit seinem scharfen Rhythmus prägte sich bei dieser Wiedergabe tief ein. Das Klavier konnte nur schwer seine lyrisch weichen Melodien gegen den hartnäckigen Rhythmus durchsetzen. Bei der Wiedergabe zischten immer wieder elektrisierende Funken auf, die der junge Pianist aber sicher unter Kontrolle brachte. Vor allem der zweite Andante-Satz wurde mit seiner schwärmerischen Poesie ausgezeichnet getroffen. Leidenschaftliche Ausbrüche machten langen Klaviertrillern und Holzbläser-Soli Platz, die für Ruhe sorgten. Rhythmische Kapriolen im Scherzo verursachten weiterhin erheblichen harmonischen Aufruhr. Das Finale griff auf den ersten Satz zurück. Und obwohl Alexander Promyslov kurz die Kontrolle verlor, konnte er dank seiner rasanten Spielweise den thematischen Reichtum doch wieder überzeugend bündeln. Das Jüdische Kammerorchester Nigun unterstützte ihn nach Kräften. Das Kopfthema setzte sich so zügig durch - und ein atemloser Marsch preschte davon. Nach der Pause interpretierte das Kammerorchester Nigun unter der forschen Leitung von Dimitri Rudiakov die Ouvertüre zur Oper "Euryanthe" op. 81 von Carl Maria von Weber. Der leidenschaftlich kühne Aufschwung wurde hier genau getroffen, die Streicherpassagen begleiteten das marschartige Bläserthema ungestüm. Mittelalterliche Romantik war zu hören. Eine zarte und ergreifend interpretierte Wendung in den Celli leitete zu einer herrlichen Melodie über, die zunächst in den Geigen erklang. Freudig  bewegte Rhythmen gingen zum Mittelteil über, wo sich ein zart verhaltenes Pianissimo behauptete. Und in den Bässen setzte wiederum erhaben das Marschthema ein, das Dimitri Rudiakov als Dirigent unerbittlich vorantrieb. Vor allem die Liebesmelodie konnte sich bei dieser Wiedergabe bestens entfalten. Der zweite Preisträger Leo Esselson (Violine) spielte die "Carmen-Fantasie"von Franz Waxman mit zündendem Feuer und reifer Ausdruckskraft. Elemente der Filmmusik wurden hier deutlich mit glühender Harmonik verwoben. Die "Habanera" mit ihrer erotischen Verführungskunst ging so unter die Haut. Und die quadrillenhafte Stimmung der Sierkampfarena besaß zündende Kraft. So begriff man die leidenschaftliche Liebe des Spaniers zum Stierkampf wirklich neu. Intervallsprünge und virtuose Kapriolen vermischten sich bei Leo Esselsons Spielweise mit kontrapunktischen Pirouetten, die sich immer schneller drehten und wirklich atemlos herumwirbelten. Ovationen. Pfeffer und Paprika besaßen in harmonischer Hinsicht dann die Ungarischen Tänze Nr. 1, 4 und 5 von Johannes Brahms, wo das Jüdische Kammerorchester Nigun unter Rudiakov sich mit starker Energie behauptete. Durch rasche Tempo-Wechsel erregende Themen mit einfühlsamem Melos und folkloristischer Wildheit fesselten die Zuhörer. 

ALEXANDER WALTHER